Beziehe deinen Standpunkt. Ganz allgemein und aufs Neue natürlich bei jedem Bild, dass du machst. Gib den Dingen Ordnung. Solange du deinen Gedanken freien Lauf lässt, wirbeln Ideen und Assoziationen durcheinander, bunt wie ein Feuerwerk, eben so überraschend und gleichermaßen nutzlos. Soll etwas daraus werden, brauchen die Gedanken Ordnung.

i-pix Fotowalk im Herrschaftsbrühl

Gleiches gilt für jede fotografische Aufnahme, die mehr werden soll als eine Notiz. Die Welt ist ein Chaos. Sie ist voll ungeordneter Elemente. Wir wissen, dass sie sich einem höheren Prinzip fügt, dennoch bleibt es für das Auge: Das Chaos. Und wenn du es nicht ununterbrochen wahrnimmst, so liegt das schlicht an der Gewohnheit. Du gehst eben daran vorbei. Plötzlich jedoch bleibst du stehen, du hast etwas entdeckt und weißt: Das ist schön.

Da hat dich der Zufall an einen Standpunkt geführt, von dem aus die Dinge vor deinen Augen sich zu einer Harmonie fügen, gleich, um was für Dinge es sich auch handeln mag. Du greifst zur Kamera und hältst den Eindruck fest: es ist immer denkbar, dass du bereits den bestmöglichen Standpunkt gefunden hast. Sicher kannst du aber erst sein, wenn du ihn mit anderen Standpunkten verglichen hast. Trotzdem hast du richtig ausgelöst: Stets ist der erste Eindruck auch der unmittelbarste, der Stärkste.

Du kannst ihn nicht auf Eis legen, nicht konservieren, um ihn später wieder hervor zu holen. Er verlangt, dass du sofort handelst, dass du ihn im Bild festhältst.

Versuche dennoch, diesen ersten Eindruck zu steigern! Dazu ist die Kamera da. Nicht, um 6 – 12 – 24 mäßige Meisterwerke gleich wie ein Hobbysammler zusammen zu horten. Sondern, um ein Bildthema zu erfassen und auszuschöpfen. Fotografiere dich an das Thema heran!

Wähle einen neuen Standpunkt, um durch eine andere Perspektive die Dinge vielleicht geordneter, klarer und eindrucksvoller zu sehen. Oft genügt es schon, in die Knie zu gehen, den Bildhorizont also nach unten zu verlagern und das Geschaute gegen den Himmel freizustellen. Hintergründig – unwichtiges – wird, dadurch in seiner Wirkung abgeschwächt, zum Teil aus dem sichtbaren Raum verdrängt. Das Vordergründige aber er hält durch die nunmehr viel steiler auf dem tieffliegenden Fluchtpunkt zulaufenden Fluchtlinien eine gesteigerte, oftmals wuchtige Wirkung. Das mag sinnvoll, mag aber auch nur momentan überraschend sein. Wer Übung hat, kann es meistens sofort beurteilen. Willst du sicher gehen, mache vom neuen Standpunkt aus ein Bild. Anschließend suche weiter.

Was aus der Froschperspektive wirkungsvoller erscheint als aus der normalen, das wird selten aus der Vogelperspektive neue Seiten zeigen. Doch was sich auf einen Kniefall hin nicht offenbart, das fügt sich zumeist, wenn du es von der Beobachterperspektive betrachtest, also einen höheren Standpunkt einnimmst. Damit verlagerst du den Horizont nach oben und verflachst gleichzeitig die Fluchtlinien. Der Standpunkt hat allerdings nichts himmelstürmendes mehr an sich.

Im Gegenteil: Je steiler der Blick zur Erde gerichtet ist, desto mehr schließt er den Himmel aus. Dafür vermittelt er den Eindruck der Nähe, der Greifbarkeit und verbindet die Dinge in Vorder –, Mittel – und Hintergrund zu einer homogenen Einheit.

Große Nähe und große weite steigern die perspektivische Wirkung bis zur Übertreibung. Ein Kirchturm, aus unmittelbarer Nähe schräg nach oben aufgenommen, reicht bis in den Himmel. Menschen, von der Spitze des selben Kirchturm ist aus fotografiert, Griechen gleich Ameisen auf der Erde. Das Teleobjektiv presst den Raum zusammen, dokumentiert räumliche wie geistige Enge. Das Weitwinkelobjektiv löst einzelnes heraus, stellt es in den Mittelpunkt und unterstreicht dabei ein Kennzeichen modernen Lebens – Einsamkeit. Es ist eben alles nur Standpunktsache.

Mit jedem neuen Standpunkt stelle Dir die Frage: Was ist mein Motiv?

Mit dem Bild gibst du die Antwort. Welche der Antworten am Ende gültig bleibt, dass zeigt erst der spätere Vergleich – in der Nachbearbeitung oder bei der Auswahl.

Wenn du mehr erfahren möchtest freue ich mich auf deine Nachricht.